Samstag, 4. März 2017

Programm: 3. Cityring zurückbauen: Straßenbau als Klassenkampf von oben.

Wilhelminenstraße 1975: Der Alptraum Stadtautobahn beginnt.
Wie es zum Bau von Luisen-Center, Stadtautobahn und zum Parkhausmonopol Jakob Manglers kam, das hat schon den Charakter eines Stadt-Krimis "mit allem": Nepotismus, Bestechung, politischer Filz, Dummheit, Faulheit, Ignoranz, Mißachtung des Bürgerwillens. Der 1971 noch manchmal regierungskritische "Spiegel" hat das unter dem Titel "Affäre/Mengler: prall gefüllt" zum bundesweiten Thema gemacht. Unbedingt lesen! Geholfen hat es übrigens nichts.

Daß sich ausgerechnet Sozial- und Christdemokraten zum Schlappenschammes des "Investors" Mengler machen ließen, hab ich noch nie verstanden. Die Innenstadt wurde unbewohnbar, die vor allem mit Sozialwohnungen bebaute Hügelstraße, verlärmt und verpestet. Wohnungsbau an der Stadtautobahn? Unmöglich.

Auch die klassische Klientel der bürgerlichen Parteien, die Einzelhändler, litten. Die Mieten stiegen innerhalb des Rest-Innenstadt, der neuen Fußgängerzone, rasant, schließlich überlebten nur noch Konzernfilialen. Die Liste der vertriebenen, nicht auf den Massenkonsum ausgerichteten Einzelhandelsbetriebe ist lang und wird immer länger. Café Schwarz, Café Espenschied, Fisch-Fertig am Markt, Feinkost-Fertig in der Ludwigstraße, die auf hochwertiges Porzellan spezialisierte Firma Olitzsch, die "Truhe", die Firma Bergsträsser, die Hippie-Lädchen am Palaisgarten, sämtliche keinem Großkonzern angehörenden Buchhändler, der Herrenausstatter Wöhlert, Tritsch und Heppenheimer, Römer, der Naturkostladen "Farm", die Firma Molina, die Firma Riegel und Reisse, usw. usf. alles verschwand zugunsten gesichtsloser Konzernfilialen, die es in jeder Stadt und jedem Einkaufszentrum in gleicher Form gibt.

Straßenbau als "Klassenkampf von oben."

Ich will versuchen, dazustellen, wie der Rückweg aussehen könnte. Zunächst die Ausgangsposition.


Verkehrstrassen 1890
Der ursprüngliche Straßenplan Georg Mollers blieb noch bis 1945 erhalten. Rheinstraße, Neckarstraße, Mainstraße (heute Mathildenplatz/Wilhelminenstraße). In blau die Dampfstraßenbahn nach Arheilgen, Griesheim und Eberstadt. 

Ist-Zustand ab 1977

Das wirre Straßenbahn-Netz verdankt sich keiner Planung sondern nur dem Gezänk. Wieso gibt es einen unsinnigen Parallelverkehr auf Rheinstraße und Bismarckstraße? Weil sich die private SEG und die städtische Straßenbahn nicht einigen konnten. Die Stadt blockierte die Elektrifizierung der Dampf-Straßenbahn, die SEG blockierte die Nutzung ihrer Trassen auf Rheinstraße, Neckarstraße und Frankfurter Straße. Nun haben wir vier Straßenbahntrassen im Querschnitt, wo zwei genügten, und drei Gleisdreiecke, die eine Giga-Kreuzung erfordern (Rhein-Neckar-Straße) und zwei Plätze verschandeln (Luisenplatz und Willy-Brandt-Platz).

Aus der vierspurigen Hauptverkehrsstraße, der Rheinstraße, ist nun eine sechsspurige Stadtautobahn geworden, der City-Tunnel verschandelt Rhein- und Wilhelminenstraße, die Holzstraße verdient das Prädikat "häßlichste Straße der Republik". Gäbe es einen Preis für die idiotischste Straßenplanung innerhalb einer historischen Innenstadt, Darmstadt gebührte der Erste Preis mit drei goldenen Palmen.

Geht es anders? Ja, wenn man will. Wenn man auf Tunnel und Stadt-Autobahn verzichtet, die Schienentrassen auf eine Ost-West-Querung reduziert. Darmstadts westliche Herzhälfte - die Mollerstadt, die Altstadt ist rettungslos verloren - könnte wieder schlagen.


2020? 2030? Oder Niemals?

Eines sollte klar sein: ohne Neu-Ordnung der Verkehrstrassen keine Wiedergeburt der Mollerstadt. Das Gesamt-Konzept ist hier zu finden.


3. Cityring“ zurückbauen. Bestechliche Politiker und geldgierige Investoren haben die Darmstädter Innenstadt vor 40 Jahren in eine Betonwüste verwandelt. Die Bausünden des „autogerechten“ Umbaus der Innenstadt müssen beseitigt werden.

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